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Generationen-Barometer 2020: Was Jung und Alt bewegt
Was bewegt Jung und Alt? Das Generationen-Barometer 2020 fühlt den Puls der Schweizer Bevölkerung und will einen gesellschaftlichen Dialog über zukunftsfähige Beziehungen zwischen den Generationen anregen.
Der Klimawandel, die demografische Alterung, die Digitalisierung, die Altersvorsorge und aktuell die Coronakrise stellen das Verhältnis zwischen den Generationen auf die Probe. Das Generationen-Barometer 2020 zeigt: Ein genereller Generationenkonflikt wird aktuell nicht wahrgenommen, es zeigen sich jedoch unterschiedliche Spannungsfelder. Die letzte privilegierte Generation ist jene der Babyboomer, die mittleren Generationen wünschen sich Entlastung, den jungen Erwachsenen mangelt es an Hoffnung und Zuversicht.
Was bewegt die Generationen und was belastet sie? Gibt es Diskriminierung aufgrund des Alters? Wie wird der Zusammenhalt zwischen den Generationen eingeschätzt? Und welche politischen Massnahmen und Reformen können die Balance zwischen den Generationen verbessern?
Das Berner Generationenhaus hat in Zusammenarbeit mit dem Forschungsinstitut sotomo erstmals eine repräsentative Studie zur Lage der Generationen durchgeführt: das Generationen-Barometer 2020. Es fühlt den Puls der Generationen und will einen gesellschaftlichen Dialog über zukunftsfähige Generationenbeziehungen anregen.
Es gibt keinen allgemeinen Generationenkonflikt
Zwar geht eine Mehrheit der Schweizer Bevölkerung davon aus, dass sich die Coronapandemie eher negativ als positiv auf das Generationenverhältnis auswirkt. Ein allgemeiner Generationenkonflikt lässt sich jedoch nicht ausmachen. Nur 33 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass die Gesellschaft entlang der Bruchlinie von Jung und Alt auseinanderzudriften droht. Der Konflikt zwischen den Generationen wird damit als ähnlich tiefgreifend wahrgenommen wie der Röstigraben zwischen der Deutsch- und Welschschweiz (31 Prozent). Deutlich mehr der Befragten sehen eine Gefahr, dass die Schweiz zwischen Arm und Reich (71 Prozent), Links und Rechts (57 Prozent) oder Stadt und Land (49 Prozent) auseinanderdriftet.
Hoffnungsdefizit bei den jungen Erwachsenen – hohe Lebenszufriedenheit der «Babyboomer»
Zugleich zeigt die Befragung: Die Hoffnung, dass es der kommenden Generation besser gehen wird als der vorangegangen, ist erloschen. Und hat sich punktuell sogar ins Gegenteil verkehrt. Die Babyboomer-Generation der heute 65 bis 74-Jährigen ist die letzte Generation, welche die eigene Lebensqualität deutlich besser einschätzt als die Lebensqualität der Elterngeneration. Zwar wird der technologische Fortschritt mit mehr Komfort verbunden, aber auch mit mehr Erfolgsdruck. 60 Prozent der Befragten finden bei diesem Thema, dass es ihre Eltern besser hatten als sie selbst. Nur 6 Prozent meinen, dass es den nachfolgenden Generationen besser gehen wird. Zudem geht eine deutliche Mehrheit (64 Prozent) der Befragten davon aus, dass wir Natur und Erholungsräume den kommenden Generationen in einem schlechteren Zustand überlassen.
Die Boomer, die heute zur Gruppe der «jungen Alten» zählen, sind die Gruppe mit der grössten Lebenszufriedenheit. Am tiefsten ist die Lebenszufriedenheit bei den 45- bis 54-jährigen. Die 35- bis 54-Jährigen sehnen sich am meisten nach Entlastung. Sie träumen in der Rushhour des Lebens vom Millionengewinn, dem einfachen Leben, vom Aussteigen oder vom Nichtstun.
Die Studie zeigt ein bemerkenswertes Hoffnungsdefizit der jüngsten Gruppe unter den Befragten: 42 Prozent der 18- bis 24-Jährigen geben an, dass es ihnen im Leben an Hoffnung und Zuversicht mangelt. Dies obwohl sie mit ihrem momentanen Leben keineswegs besonders unzufrieden sind. Das weist darauf hin, dass weniger ihre persönliche Situation als die allgemeine Weltlage ihre Zuversicht trübt.
Verbreitetes Gefühl der Benachteiligung
Mehr als die Hälfte aller Befragten hatte in den letzten fünf Jahren den Eindruck, aufgrund des Alters Benachteiligungen erfahren zu haben. Am häufigsten die jungen Erwachsenen: 51 Prozent der 18- bis 24-Jährigen hat dies gelegentlich erlebt, 15 Prozent oft. Benachteiligungen aufgrund des Alters in der Arbeitswelt werden von den 55- bis 64-Jährigen am häufigsten erlebt. Aufgrund der Präventionsmassnahmen gegen das Coronavirus sehen sich 39 Prozent der 65- bis 74-Jährigen stark benachteiligt.
Die «Hochbetagten» werden von der Schweizer Bevölkerung als die am stärksten benachteiligte Gruppe wahrgenommen. Die «jungen Alten» liegen nur im Mittelfeld. Das zeigt, dass die Bevölkerung zwischen drittem (65 bis 74 Jahre alt) und viertem Lebensalter (ab 75 Jahre) zu unterscheiden weiss. Personen mittleren Alters ohne Kinder werden als begünstigt wahrgenommen.
Verschiedene Entwicklungen stellen die Gesellschaft aktuell vor grössere Herausforderungen. Bei der Altersvorsorge sehen 55 Prozent der Befragten vor allem die jüngeren Generationen im Nachteil, 11 Prozent die älteren Generationen. Einig sind sich die Befragten, dass bei der Digitalisierung vor allem ältere Menschen im Nachteil sind und bei den Veränderungen von Umwelt und Klima vorwiegend die jüngeren.
Traditionelle Ideen beim Wohnen– Generationenunterschiede in Beziehungsfragen
Nur gerade 8 Prozent der Befragten würden am liebsten in einer Grossfamilie leben und nur 11 Prozent in einem Patchwork-Haushalt mit Freunden und/oder Familien. Dagegen zeigt sich zwischen den Generationen ein markanter Wandel, wenn es um Beziehungsformen geht. Bei den jungen Erwachsenen zwischen 18 und 34 Jahren sind 62 Prozent der Befragten der Ansicht, dass nicht-monogame Beziehungsformen normal und akzeptiert sein werden. Den Kontrast dazu bilden die 45- bis 54-Jährigen, von denen nur 26 Prozent dieser Ansicht sind.
Auch bezüglich des Rollenverständnisses zwischen Mann und Frau zeigen sich Unterschiede zwischen den Generationen – und den Geschlechtern. Der Forderung, die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass Mann und Frau Erwerbs- und Familienarbeit zu gleichen Teilen leisten können, stimmen über 80 Prozent der Befragten zu. Insbesondere bei den Männern hängt die Einstellung dazu stark vom Alter ab. Männer über 64 Jahren beurteilen das Anliegen vermehrt negativ – ohne es mehrheitlich abzulehnen. Das Gegenstück dazu bilden die jungen Frauen zwischen 18 und 24 Jahren. 68 Prozent sind gegenüber diesem Vorhaben sehr positiv eingestellt. Auch die jungen Männer begrüssen das Ansinnen – aber nur 50 Prozent sehr positiv.
Klimajugend zeigt hohes Umweltbewusstsein
Die von Schülerinnen und Schülern initiierten Klimaproteste haben das Bewusstsein geschärft, dass der Klimawandel auch ein Generationenthema ist. Das zeigt auch die Studie: Es sind vor allem die jungen Erwachsenen, die einem ökologischen Verhalten eine hohe Dringlichkeit beimessen (68 Prozent). Bereits bei den 25- bis 34-Jährigen nimmt die Wichtigkeit ab (57 Prozent) und geht dann fortlaufend mit zunehmendem Alter zurück. Bei der Frage, inwiefern sie einen klimafreundlichen Lebensstil pflegen, sind die jüngeren Befragten selbstkritischer als die älteren. Das widerspiegelt vermutlich eher das höhere Problembewusstsein als den tatsächlichen Lebensstil. Am klimafreundlichsten erachten sich die 65- bis 74-Jährigen – also die Generation der Babyboomer, die im Fokus der Kritik der Klimajugend steht.
Hohe Zustimmung für Lebensarbeitszeit – wenig Unterstützung für Stimmrechtalter 16
Wie die Studie zeigt, existiert in der Schweiz kein tiefer Generationengraben. Die Befragten sehen jedoch in vielen Bereichen der Gesellschaft Belastungen für die kommenden Generationen. Dies gilt beispielsweise für die sich wandelnde Arbeitswelt, die Klimafrage, die Wohnsituation oder auch die Altersvorsorge. Gefragt nach politischen Massnahmen, welche die Balance zwischen den Generationen verbessern könnten, stiessen zwei Ideen auf breite Akzeptanz: Die Schaffung eines obligatorischen Gemeinschaftsdienstes (74 Prozent Zustimmung) und die Einführung einer Lebensarbeitszeit zur Reform der Altersvorsorge (63 Prozent Zustimmung). Dagegen wird die Idee, das Stimmrechtsalter auf 16 Jahre zu senken, bloss von 28 Prozent gutgeheissen.
Für das Generationen-Barometer 2020 hat das Forschungsinstitut sotomo im September 2020 schweizweit 3285 Personen aus der deutsch- und französischsprachigen Schweiz befragt.
Bei Fragen können Sie sich gerne an Andy Hochstrasser/Andrea Hipp wenden (Kommunikation Berner Generationenhaus: kommunikation@begh.ch / 031 328 87 06).
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