Nicole Stutzmann*, Projektleiterin im Bereich Alter in der Stadt Bern, will den Generationendialog auch in die Quartiere hineintragen.
Sie haben in Bern seit 2004 Erfahrungen mit generationenübergreifenden Quartierprojekten sammeln können, die Sie ‚Genera(k)tionen’ nennen. Wie haben Sie begonnen?
Nicole Stutzmann: Wir haben zunächst sechs Start-Events organisiert, um den Gemeinwesen-Mitarbeitenden aus Kirche, offener Jugendarbeit oder Altersarbeit die Idee der Generationenprojekte näherzubringen. Da hat man beispielsweise Jung und Alt ins Gemeindehaus eingeladen, hat gemeinsam Spiele gespielt, Kaffee getrunken und sich ausgetauscht. Gleichzeitig haben wir angekündigt, dass das Alters- und Versicherungsamt der Stadt Bern künftig Generationenprojekte finanziell unterstützen wird.
Mit welcher Wirkung?
Stutzmann: 2004 und 2005 wurden tatsächlich in vielen Stadtteilen Generationenprojekte initiiert. Das reichte vom gemeinsamen Aufräumen des Waldes in Bümpliz über regelmässige Mittagstische an einer Tagesschule bis hin zu Märchennachmittagen, an denen ältere Menschen Kindern Märchen erzählt haben.
Liess sich der Anfangselan über die Jahre bewahren?
Stutzmann: Nicht ganz. Einige Projekte sind wieder eingeschlafen, weil die beteiligten Personen auch andernorts engagiert sind und nicht über genügend freie Kapazitäten verfügen. Wir haben inzwischen aber festgestellt, dass es sich lohnt, weiterhin Newsletter zu schreiben und im direkten Kontakt für die Generationenprojekte zu werben. Heute sind es erfreulicherweise wieder rund zwanzig Projekte, die von uns mitfinanziert und unterstützt werden. Daneben dürfte es aber weit mehr Generationen-Aktionen geben, von denen wir gar nichts erfahren.
Welches Ihrer Generationenprojekte kommt besonders gut an?
Stutzmann: Das Projekt ‚Liederpaten für Kindergärten’ hat sich in den letzten zwei Jahren zu einem richtigen Renner entwickelt. Da besuchen Senioren und Seniorinnen nach einer kurzen Ausbildung am Konservatorium Bern Kindergärten und singen mit den Mädchen und Buben alte Volkslieder. Daran sind zwischen 30 und 40 alte Menschen, mehrheitlich Frauen, beteiligt, die pro Quartal in zehn wechselnde Kindergärten gehen.
Daneben organisieren Sie auch sogenannte ‚Erzählcafés’ für Jung und Alt. Woher stammt diese Idee?
Stutzmann: Die Idee entstand in Deutschland nach dem Fall der Berliner Mauer. Auf diesem Weg konnten sich Westdeutsche und Ostdeutsche kennenlernen und Verständnis und Solidarität füreinander entwickeln. Später hat sich diese Idee in ganz Deutschland durchgesetzt und auch die Schweiz erreicht.
Wie muss man sich ein solches Erzählcafé vorstellen?
Stutzmann: Ein Erzählcafé dauert zwischen zwei und drei Stunden. Der erste Teil ist einem vorgegebenem Thema wie Schule oder Mode gewidmet und wird morderiert; im zweiten Teil plaudern die Anwesenden locker miteinander. Dazu gibt es Kaffee und Kuchen. Wir führen diese Anlässe jeweils nachmittags in den Gemeindehäusern oder Quartierzentren durch. Im allgemeinen kommen zwischen fünf und fünfzehn Personen, die sich durchs Band begeistert dazu äussern, wie anregend dieser Austausch unter verschiedenen Generationen sei.
Kommen denn auch die ganz Jungen?
Stutzmann: Leider gelingt es uns nicht, die 15- bis 30-Jährigen anzusprechen. Das ist ein Problem, das viele Generationenprojekte beklagen. Wir überlegen daher, ob wir nicht versuchen sollten, einen solchen Austausch auch in den kirchlichen Unterricht oder die Geschichtsstunden an den Schulen hineinzutragen. Das ist allerdings Zukunftmusik.