Wissen&Austausch: Durch Vorlesen Generationen verbinden
Zum Auftakt des neuen Online-Austauschformates «Wissen&Austausch: Gemeinsam Generationen verbinden» von Intergeneration berichtete Marc Ciprian der Stiftung Kita Thalwil von seinen Erfahrungen, teilte Einblicke in die Organisation von Generationenbegegnungen und Durchführung von gemeinsamen Vorleseaktionen.

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Vorlesen verbindet Generationen. Oft begegnen sich Jung und Alt in sogenannten generationenverbindenden Vorleseaktionen, die von zwei Organisationen gemeinsam durchgeführt und begleitet werden. Zum Beispiel eine Kita oder Schule zusammen mit einem ein Alterszentrum. Oder sie finden an Orten statt, welche Lesen als zentraler Bestandteil ihrer Arbeit sehen wie Bibliotheken. Doch wie organisiert man erfolgreiche generationenverbindende Begegnungen mit Vorleseaktionen? Was muss beachtet werden?
Im Beitrag fassen wir die wichtigsten Erkenntnisse des Austauschs zusammen und geben Ihnen Marc Ciprians Tipps und Learnings aus seiner Arbeit in Generationenprojekten mit auf den Weg.
Mit unserem neuen Online-Austauschformat «Wissen & Austausch: Gemeinsam Generationen verbinden» fördern wir die Vernetzung, das gemeinsame Lernen rund um Generationenbeziehungen und schaffen einen Raum für einen offenen Erfahrungsaustausch.
Was gibt es zu beachten – Erfahrungen aus der Praxis eines Generationenprojektes
Bei der Planung und Umsetzung von generationenverbindenden Vorleseaktionen und Begegnungen gibt es einige wichtige Aspekte, die für das Gelingen der Treffen entscheidend sind. Marc Ciprian teilte seine Learnings aus der Praxis eines Generationenprojekts und zeigte auf, welche Punkte berücksichtigt werden sollten:
- Flexibilität und Offenheit: Auch wenn die Treffen für einen Zeitraum geplant sind, so sollte man offen sein für Abweichungen und flexibel auf die situationsbedingten Bedürfnisse der Teilnehmenden reagieren können. Zum Beispiel wenn Kinder schon früher als geplant ihr “Z’vieri” im Altersheim essen möchten oder eine Person eine kurze Pause von den gemeinsamen Aktivitäten braucht.
- Geduld: Wenn Gruppen nicht sofort zueinanderfinden, ist das kein Grund zur Beunruhigung. Manche benötigen mehr Zeit, um sich miteinander vertraut zu machen, was wiederum zu bereichernden Momenten führen kann.
- Unterschiedliche Wertvorstellungen und Perspektiven: Wenn verschiedene Altersgruppen aufeinandertreffen, treffen auch unterschiedliche Werte und Perspektiven aufeinander. Gemeinsame Gespräche können helfen eine gemeinsame Grundhaltung zu entwickeln, die es ermöglicht, mit Offenheit und Neugier aufeinander zuzugehen. Dabei wird das Bewusstsein gefördert, dass Diversität existiert und Beziehungen untereinander auch trotz unterschiedlicher Perspektiven möglich sind. Dies ist nicht ein Prozess, welcher nach einem Treffen abgeschlossen ist, sondern bedeutet kontinuierliches Aufeinander zugehen und erfordert die Geduld und Offenheit aller.
- Transparenter Umgang mit Herausforderungen: In den Wintermonaten treten vermehrt Krankheiten auf, weshalb Aktivitäten auf Kleingruppen beschränkt oder Treffen ganz abgesagt werden müssen. Auch hier braucht es wieder Flexibilität und Offenheit. In Generationenprojekten kann es zudem vorkommen, dass eine ältere Person verstirbt. Eine transparente Kommunikation mit den Kindern ist in solchen Fällen essenziell. Bücher, die den Tod thematisieren, können helfen, das Thema zu verstehen und besser damit umzugehen.
Eine Frage der Ressourcen
Um generationenverbindende Aktionen wie den Vorlesetag durchzuführen, sollte genügend Personal aus beiden Bereichen (z.B. Kita und Aktivierungsfachpersonen) anwesend sein. Es ist von Vorteil, wenn die Treffen zwischen den Generationen eine gewisse Regelmässigkeit aufweisen, da dies den Teilnehmenden ermöglicht, Beziehungen aufzubauen und den Treffen Struktur verleiht. In der Realität sind jedoch zeitliche, finanzielle und personelle Ressourcen oft begrenzt. Das sollte die Organisierende nicht davon abhalten, Generationenbegegnungen im Rahmen der verfügbaren Ressourcen und Möglichkeiten durchzuführen. Bei vierteljährlichen Treffen liegt der Hauptfokus nicht auf der Beziehungsbildung, sondern vielmehr darauf, dass Jung und Alt gemeinsam eine gute Zeit verbringen, die beiden Freude bereitet und Abwechslung in den Alltag bringt. Umso wichtiger ist, dass Organisierende das richtige Mass an intrinsischer Motivation mitbringen.
Der Vorlesetag bietet unter anderem eine gute Grundlage für unregelmässige Treffen. Bücher in Kombination mit gezielten Fragen, die gemeinsam besprochen werden, dienen als guter Einstieg für Generationenbegegnungen.
Zur Frage, wer an generationenverbindenden Treffen vorliest, gibt es mehrere Möglichkeiten je nach vorhandenen Ressourcen, Präferenz, Gruppengrössen und Fähigkeiten der Teilnehmenden. Einerseits kann eine Person der beteiligten Institutionen vorlesen. Andererseits können Kinder und ältere Personen in Tandems miteinander oder sich gegenseitig vorlesen. Die Tandem-Variante hat den Vorteil, dass Kinder und ältere Personen mehr Raum erhalten, um in den Austausch zu kommen. Geleitet werden sie im Prozess vom Buch oder von Fragen, welche zusätzlich zum ausgewählten Buch eine Hilfestellung bieten können.
Um Bücher zu finden, die sich zum generationenübergreifenden Vorlesen eignen, lohnt es sich, sich an den Interessen der Beteiligten zu orientieren. Bilderbücher eignen sich sowohl für Kinder als auch für ältere Personen und können dazu anregen, dass letztere von ihren Erinnerungen oder früheren Erfahrungen berichten.
Das SIKJM bietet im Rahmen des Vorlesetages eine Hilfestellung in Form einer Bücherliste, die zum Jahresmotto passt. Eine spezifische Liste, die sich für generationenverbindendes Vorlesen eignet, finden Sie hier.
Stichwort intrinsische Motivation
Zum Beginn der Initiative von Vorleseaktionen, stellt sich oft die Frage, wer Interesse an der Planung und Durchführung von Generationenbegegnungen hat. Da Generationenprojekte oft nicht zum Kerngeschäft der beteiligten Organisationen gehören, bauen diese oft auf intrinsischer Motivation der Organisierenden. Um Partnerorganisationen zu gewinnen, ist es entscheidend, den Nutzen und das Potenzial solcher Projekte wirkungsvoll zu vermitteln, sodass potenzielle Partner den Mehrwert von Generationenprojekten und -begegnungen erkennen und davon überzeugt sind. Ideal ist, wenn ein Partner gefunden wird, welcher von der Idee überzeugt ist und die intrinsische Motivation mit sich bringt, das Projekt trotz möglicher Herausforderungen voranzutreiben.
Wer sich aus eigenem Antrieb engagiert, bleibt langfristig dabei und kann andere mit seiner Begeisterung anstecken. Marc Ciprian betont, dass aus dem gemeinsamen Austausch mit allen Beteiligten weitere Motivation mitgenommen wird und schöne Erinnerungen entstehen.
Um Generationenprojekte erfolgreich aufzubauen, ist die Zusammenarbeit mit weiteren Institutionen oder Organisationen aus mehreren Gründen sinnvoll. Einerseits ermöglicht dies, eine grössere Gruppe von Menschen zu erreichen, zum Beispiel über ein Alterszentrum. Andererseits bringt die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen den Vorteil mit sich, dass spezifisches Fachwissen über die jeweiligen Altersgruppen vorhanden ist.
Weitere Hilfestellungen und Tipps
- SIKJM «Vorlesetipps»
- SIKJM «Häufig gestellte Fragen»
- Factsheet «Generationenverbindendes Vorlesen»
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