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Was ist mit «Generationen» gemeint? Die Konzepte dahinter

Häufig ist ganz unterschiedliches gemeint, wenn von «Generationen» gesprochen wird. Denn dahinter stehen verschiedene Bedeutungen. Die unklare Verwendung führt immer wieder zu einem Durcheinander. Hier schaffen wir etwas Ordnung und stellen vier verschiedene Konzepte für die unterschiedliche Verwendung des Begriffs Generationen vor: Vom familiären Generationenbegriff bis zu den «Gesellschaftsgenerationen».

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Wenn von «Generationen» gesprochen wird, ist es wichtig, sich den unterschiedlichen Verwendungen des Begriffs bewusst zu sein. Meist sind mit Generationen entweder familiäre Strukturen gemeint: Also Verwandtschaftsbeziehungen wie Grosseltern – Eltern – Kinder. Oder es ist das Konzept der gesellschaftlichen bzw. soziologischen Generationen gemeint: Dabei unterscheidet man die Generationen nach Altersgruppen unter Berücksichtigung von historischen und sozialen Hintergründen. Letzteres wird auch häufig in der Wissenschaft verwendet, um Generationenbeziehungen in der Gesellschaft zu untersuchen. Neben diesen zwei zentralen Konzepten wird der Generationenbegriff auch noch auf zwei weitere Arten verwendet: Einerseits im pädagogischen Kontext, also bei Lern- und Beziehungsprozessen und anderseits bei Verteilungsprozessen zwischen unterschiedlichen Altersgruppen, wie beispielsweise bei der Altersvorsorge. Es kann also grundsätzlich zwischen vier verschiedenen Verwendungen unterschieden werden. Diese vier Konzepte des Generationenbegriffs stellen wir hier vor.

Verwandtschaftlicher Generationenbegriff

Der verwandtschaftliche Generationenbegriff, auch «genealogischer» Begriff genannt, unterscheidet die Generationen nach Abstammungsfolgen in Familien und verwandtschaftlichen Beziehungen. Kinder, Eltern, Grosseltern usw. repräsentieren die Generationen innerhalb einer Familie. Die Ausgestaltung dieser Generationenbeziehungen ist abhängig von demografischen und sozialen Veränderungen: Aufgrund der höheren Lebenserwartung leben heute mehr Familiengenerationen miteinander. Und sie leben auch über einen längeren Zeitraum zusammen als früher. Gleichzeitig haben die geringen Geburtenzahlen dazu beigetragen, dass heute die Anzahl älterer Generationen deutlich die der jüngeren übersteigt. Heute haben Kinder also viel mehr vertikale verwandtschaftliche Beziehungen, da häufig Grosseltern oder gar Urgrosseltern noch leben, während die seitlichen Verwandtschaften abnehmen – die Kinder haben weniger Geschwister und Cousinen.

Gesellschaftliche Generationen

Den meisten sind die Bezeichnungen wie Babyboomer oder Generation X bestens bekannt, da sie auch häufig medial verwendet werden. Ist von ihnen die Rede, kommt der gesellschaftliche Generationenbegriff zur Anwendung. Dieser hat nichts mit familiären Strukturen zu tun, sondern mit der Einteilung der heute lebenden Generationen in verschiedene Altersgruppen. Diesen Altersgruppen werden Merkmale zugeordnet, die durch gemeinsame Prägung der sozialen, historischen und kulturellen Umstände während der ersten Lebensphase entstanden sind. Also spezifische Geschehnisse wie Notsituationen während eines Krieges, politische Ereignisse und gesellschaftliche Trends wie die Digitalisierung. Diese unterschiedlichen Erfahrungen beeinflussen schliesslich Verhaltensweisen und Wertvorstellungen der verschiedenen Generationen. Wir widmen uns im Grundlagentext «Babyboomer, Generation X, Y, Z etc.: Die Generationen im Überblick» ausführlich den gesellschaftlichen Generationen und bringen Ordnung in das Buchstabenchaos von Generation X, Y, Z, in dem wir die verwendeten Generationenbezeichnungen vorstellen. Gleichzeitig befassen wir uns auch mit der wichtigen Kritik an diesen künstlich konstruierten Generationen.

Pädagogischer Generationenbegriff: Bei Lern- und Beziehungsprozessen

Der pädagogische Generationenbegriff, der besonders im 19. Jahrhundert Anklang fand, konzeptualisiert die Generationen als Grundkategorien von Lern- und Erziehungsprozessen: Damit eine Gesellschaft weiterbesteht, müssen Normen, Wissen und Fertigkeiten von Generation zu Generation übermittelt werden – stets von den Älteren an die Jüngeren.
Die Generationen werden hier dementsprechend durch das Verhältnis zwischen zwei Generationen, der vermittelnden (älteren) und der aneignenden (jüngeren), unterschieden. Es kann also nur zwei pädagogische Generationen geben und welcher man angehört, hängt bloss davon ab, ob man in einer Situation Wissen vermittelt oder aneignet. Heute wird dieser Begriff selten verwendet, da man der Auffassung ist, dass oft auch ältere Generationen von jüngeren Generationen lernen. Dies führt dazu, dass man also gleichzeitig beiden pädagogischen Generationen angehören kann.

Wohlfahrtsgenerationen: Bei Verteilungsprozessen

Durch den Ausbau der Altersvorsorge resp. wohlfahrstaatlicher Strukturen, wurde der Begriff der Wohlfahrtsgenerationen immer populärer. Obwohl hier das Konzept der Generationen gesellschaftlicher Natur ist, spielt die sozial-politische Kategorisierung eine entscheidende Rolle – was eine separate Konzeptualisierung bedarf. Im Grunde geht es darum, die wohlfahrtstaatlichen Verteilungsprozesse zwischen den unterschiedlichen Altersgruppen durch den Generationenbegriff zu beschreiben wie beispielsweise, wenn die Rede von einem «Generationenvertrag» (Finanzierung von Renten durch Beiträge von Arbeitnehmenden) ist. Wobei zu beachten ist, dass die Verwendung des Generationenbegriffs für die wohlfahrtsstaatliche Umverteilung umstritten ist.

Einen vertieften Einblick in die verschiedenen Konzepte, theoretische Ansätze und empirische Beobachtungen bietet das Studiendossier «Generationen-Konzepte» des Soziologen François Höpflinger.

 

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