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Generationenprojekte im Kampf gegen Altersdiskriminierung erfolgreich

Altersdiskriminierung betrifft alle Altersgruppen und zeigt sich in Bereichen wie dem Arbeitsmarkt und dem öffentlichen Raum sowie durch Selbstdiskriminierung. Dies wirkt sich negativ auf die Lebensqualität und Gesundheit der Betroffenen aus. In der Schweiz erhält dieses Thema bisher nur wenig gesellschaftliche und politische Beachtung, obwohl laut WHO insbesondere Generationenprojekte eine effektive Massnahme darstellen.

Altersdiskaussagen

Altersdiskriminierung zeigt sich in verschiedensten Alltagssituationen.

Das Alter ist eines der ersten Merkmale, die wir an anderen Menschen wahrnehmen. Aufgrund von altersbezogenen Stereotypen und Vorurteilen erfahren Menschen jeden Alters vielfältige Arten der Ablehnung, Benachteiligung bis hin zu körperlicher und psychischer Gewalt. Diese Diskriminierung aufgrund des Lebensalters betrifft Menschen vom Kindesalter bis zu betagten Menschen. Sie findet sowohl auf der persönlichen bzw. zwischenmenschlichen als auch auf institutioneller Ebene in Praktiken, Strukturen und in Gesetzen statt und kann direkt, indirekt und strukturell erfolgen. Direkte Diskriminierung aufgrund des Alters ist offensichtlich, wie zum Beispiel eine Altersgrenze in einer Stellenausschreibung. Indirekte Diskriminierung hingegen zeigt sich in versteckten Formen, die nicht auf den ersten Blick ausschliessend wirken, wie der Abbau von physischen Kontaktpunkten, wie Billettautomaten oder die Abschaffung von Tages- und Multikarten für den ÖV-Betrieb.

Im Alltag zeigt sich Altersdiskriminierung ebenfalls in abwertenden oder ausschliessenden Bemerkungen wie «Du bist zu jung, um das zu verstehen oder das zu tun» oder «Für Ihr Alter können Sie das ganz gut» bis zu «In Ihrem Alter sollten Sie besser …». Sie geschieht aber auch manifest, indem Interessen oder Fähigkeiten der Betroffenen aufgrund ihres Alters keinen Raum für Entfaltung zugestanden werden: Sei es beispielsweise Chancengleichheit im Hinblick auf berufliche Weiterentwicklung, in der Nutzung des öffentlichen Raumes oder des Gesundheitswesens sowie bei sozialer Teilhabe und Mitspracherecht.

Altersdiskriminierung geschieht oft unbewusst und ist eine gesellschaftlich akzeptierte Form der Diskriminierung. Sie kann bei Opfern gesundheitliche und soziale Beeinträchtigungen sowie Einsamkeit und Isolation verursachen. Laut WHO haben negative Altersbilder und Altersdiskriminierung ebenfalls Einfluss auf unsere Lebenserwartung und kann diese bis zu 7.5 Jahre verkürzen.

Es bedarf einer verstärkten Bewusstseinsbildung in Politik und Gesellschaft, um die Gleichberechtigung und soziale Gerechtigkeit für alle Altersgruppen sicherzustellen.

Die UN-Weltgesundheitsorganisation WHO vertritt in ihrem aktuellen «Global Report of Ageism» von 2021 ebenfalls den umfassenden Ansatz, der das Denken in Altersstereotypen, das Kultivieren von Vorurteilen und benachteiligendes Verhalten als Formen der Diskriminierung einschliesst. Die Bekämpfung von Altersdiskriminierung, auch mit Generationenprojekten als Massnahme, ist eines der vier Ziele in der WHO-Dekade des «Gesunden Alterns 2020-2030». Nichtsdestotrotz findet die Diskriminierung aufgrund des Alters als eine wichtige soziale Determinante für die Lebensqualität und das Wohlbefinden von Menschen erst allmählich Eingang ins Bewusstsein von Gesellschaft und Politik. Im Unterschied zur EU und Nordamerika kennt die Schweiz bisher keine umfassende Antidiskriminierungsgesetzgebung, die als Rahmen für einen wirkungsvollen Schutz vor Altersdiskriminierung und das Einfordern von Schutz- und Abwehrmassnahmen dienen könnte. Allgemeingültige Monitoringsysteme und statistische Datensammlungen für Altersdiskriminierung, die internationale und binnenstaatliche Vergleiche zur Altersdiskriminierung ermöglichen würden, fehlen hierzulande noch. Altersdiskriminierung als ein wichtiger Forschungsgegenstand wird in der Schweiz wenig gepflegt. Die internationale wissenschaftliche Forschung befasst sich bisher vor allem mit der Diskriminierung älterer Menschen, während die Diskriminierung von Kindern und jüngeren Menschen sich noch erst in der Entwicklung befindet. Es bedarf einer verstärkten Bewusstseinsbildung in Politik und Gesellschaft, um die Gleichberechtigung und soziale Gerechtigkeit für alle Altersgruppen sicherzustellen.

Selbstdiskriminierung aufgrund Vorurteilen, Altersbilder und Stereotypen

Wie tief verankert die Altersdiskriminierung in unserer Gesellschaft ist und wie unbewusst diese geschieht, zeigt sich auch in dem Phänomen der «verinnerlichten Selbstdiskriminierung» der Betroffenen, die zu einer Selbstbeschränkung der eigenen Lebenschancen führen kann. Pointiert zeigt sich dies in der Haltung: «In meinem Alter kann ich nicht mehr» bei den Alten – bzw.  «In meinem Alter kann ich noch nicht …» bei den Jungen. Vor allem alte Menschen betrachten sich selbst als Bürde für ihre Mitmenschen. Sie akzeptieren Ablehnung oder Benachteiligung aufgrund ihres Alters infolgedessen eher und wehren sich wenig dagegen. Folglich beeinträchtigt dies nicht nur die Lebensqualität im Alter, sondern verstärkt soziale Isolation und gesundheitliche Beeinträchtigungen. Weiter wird in wissenschaftlichen Studien festgestellt, dass ältere Menschen mit negativer Einstellung gegenüber dem Altern und dem Alter eine geringere Lebenserwartung haben.

Kinder und Jugendliche akzeptieren vice versa altersbezogene Diskriminierungen, die mit ihrer fehlenden Bildung, geringen mentalen Gelassenheit oder persönlichen Reife gerechtfertigt werden. Jugendliche Impulsivität und Anfälligkeit für Verführungsversuche sind ebenfalls gängige Argumente. Bei Personen, die alte Menschen diskriminieren, findet sich spiegelbildlich die Angst vor dem Altern bzw. vor dem Tod als eines der massgeblichen Merkmale ihrer Täterschaft. Insbesondere das betagte Alter wird mit geistigem Verfall, Krankheit, Isolation und Armut verknüpft. Diskriminierendes Denken und Handeln wird deshalb auch als Abwehrhaltung erklärt, wie mit diesen Ängsten umgegangen wird. Da der Anteil an älteren Menschen in unserer Gesellschaft aufgrund des demografischen Wandels weiter steigt, ist zudem die Altendiskriminierung ein immer größer werdendes soziales Problem, da es allein zahlenmässig immer mehr Menschen betreffen wird.

Generationenstereotypen

In unserem Alltag und in den Medien begegnen wir zahlreichen Generationenstereotypen. Eine davon ist die charakteristische Einteilung von Altersgruppen in Kategorien wie Boomers, Alpha, Millennials und Gen Z. Diese Kategorien helfen uns, die Welt zu ordnen und die Komplexität der Realität zu vereinfachen. Doch diese Einteilung hat auch eine Kehrseite: Durch die Kategorisierung nach Generationen werden wir alle in Schubladen gesteckt und mit Eigenschaften in Verbindung gebracht, die nicht unbedingt zutreffen. Dadurch verstärken wir Vorurteile gegenüber verschiedenen Altersgruppen.

Im Umgang mit generationstypischen Merkmalen ist daher Vorsicht geboten. Wenn wir Stereotype anwenden, sollten wir uns fragen: Hilft es mir, eine Situation besser zu verstehen, oder stecke ich eine Person in eine Schublade, in die sie sich selbst gar nicht sieht? Trete ich mit Vorurteilen auf eine Person zu, beispielsweise mit der Annahme ‚Mein Gegenüber muss faul sein, weil sie der Gen Z angehört‘, und bilde mir aufgrund dessen ein Urteil? Oder gehe ich mit Neugier auf eine jüngere oder ältere Person zu, um mich auf einen offenen Dialog einzulassen?

Unzureichende Erfassung von Altersdiskriminierung in der Schweiz

Der Verbreitungsgrad von Altersdiskriminierung lässt sich für die Schweiz aufgrund der geringen Sensibilisierung in der Gesellschaft und der Politik bislang nur rudimentär empirisch ermitteln. Das Bundesamt für Statistik und die Fachstelle für Rassismusbekämpfung erfassen unter dem Stichwort «Zusammenleben in der Schweiz» seit 2010 Altersdiskriminierung bisher als eine der Antwortmöglichkeiten bei der Frage nach einer selbsterlebten Diskriminierungserfahrung. Das Alter als Diskriminierungsgrund rangiert aktuell im Mittelfeld. In der Schwerpunktplanung 2024-2027 der Fachstelle ist die Altersdiskriminierung als Handlungsbereich noch nicht berücksichtigt.

Diskriminierungsgründe 23

Quelle: BFS – Erhebung zum Zusammenleben in der Schweiz (ZidS), Modul Diskriminierung und Rassismus

Es wird von einer grossen Dunkelziffer der nicht erfassten Diskriminierungsfälle in der Schweiz ausgegangen. Kinder bis 15 Jahre und alte Menschen ab 85 Jahren werden zudem in der Regel gar nicht befragt, ob sie Diskriminierungserfahrungen haben. Im allgemeinen Diskurs zu Diskriminierung wird das Merkmal «Alter» noch wenig wahrgenommen. Nationalität, Herkunft, Hautfarbe, Religion, Geschlecht bzw. sexuelle Orientierung erfahren im Vergleich mehr gesellschaftliche und politische Aufmerksamkeit. Bei Mehrfachdiskriminierungen (Intersektionalität) kann das Alter der Betroffenen je nach Konstellationen mit weiteren Diskriminierungsmerkmalen eine verstärkende Wirkung entwickeln.

Podiumsdiskussion 26. November – Teilhabe für alle: Generationen & Altersdiskriminierung
Wie kann die Stadt für alle lebenswert gestaltet werden?

Altersdiskriminierung im öffentlichen Raum betrifft Menschen aller Altersgruppen, insbesondere jedoch Kinder, Jugendliche und ältere Menschen. Wie kann der öffentliche Raum so gestaltet werden, dass er für alle Generationen zugänglich und nutzbar ist? Und welche Massnahmen sind notwendig, um Altersstereotypen abzubauen, Begegnungen zu fördern und die Bedürfnisse aller Altersgruppen gleichermassen zu berücksichtigen?

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Generationenprojekte als Massnahme gegen Diskriminierung 

Nach heutigem Wissensstand stellt die Förderung von intergenerationellen Kontakten ein Schlüssel zur Bekämpfung von Altersdiskriminierung dar. Generationenprojekte fördern nicht nur den Abbau von Vorurteilen, Stereotypen und Altersbildern, sondern auch die soziale Teilhabe und das Empowerment der beteiligten Altersgruppen. Weiter werden der Abbau von altersspezifischen Ängsten, der Wissensgewinnung über das Altern und  Herstellung von Empathie für Interessen und Bedürfnisse der anderen Generationen als positive Wirkungen von intergenerationellen Kontakten nachgewiesen. Die WHO hat vor kurzem infolgedessen eine eigene Praxishilfe für Generationenprojekte «Connecting generations, planning and implementing interventions for intergenerational contact» (in Englisch) veröffentlicht. In der Publikation wird die Planung von Generationenprojekten, die praktische Umsetzung und die Evaluation thematisiert.

Für neu geplante Generationenprojekte, die sich der Bekämpfung der Altersdiskriminierung widmen möchten, kann diese WHO-Publikation als eine gute Einführung für den Praxiseinstieg dienen. Bestehenden Generationenprojekten bietet die Publikation die Möglichkeit, ihre bisherigen Projektziele auf das Ziel der Bekämpfung von Altersdiskriminierung stärker auszurichten und die Bekämpfung der Altersdiskriminierung in ihren schon bestehenden Projekten mit explizit darauf zugeschnittenen Indikatoren und passenden Massnahmen zu implementieren.

Als eine effiziente Evaluationsmethode, um herauszufinden, ob die Altersdiskriminierung durch ein Generationenprojekt verringert werden konnte, wird von der WHO beispielsweise das Erfassen der Wahrnehmungen und Haltungen der Teilnehmenden vor Beginn und nach Abschluss des Projekts empfohlen. Altersdiskriminierung betrifft alle Altersgruppen und jede Person kann davon betroffen sein. Allein deshalb gehört es wie die anderen Diskriminierungsgründe verstärkt auf die Agenda von Politik und Gesellschaft in der Schweiz. Das Programm Intergeneration mit seinem Schwerpunkt auf Generationenprojekte wird seinen Beitrag zur Bekämpfung der Altersdiskriminierung in der Schweiz leisten.

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