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Um Teilnehmende für ein Generationenprojekt oder eine Veranstaltung zu gewinnen, ist ein konkretes Thema unerlässlich. Egal ob Jung oder Alt – es muss ein Bedürfnis, ein Interesse bei der avisierten Zielgruppe vorhanden sein. Dieses kann als Motivation zur Teilnahme wirken. Der Wunsch nach intergenerativem Handeln und einem Miteinander ist dem deutlich nachgeordnet. Das Wissen um diesen Fakt ist für Akteure in altersgemischten Initiativen erfolgsentscheidend. Ebenso relevant sind die unterschiedlichen Motivlagen bei den Altersgruppen. Das Interesse an Kontakten zur jeweils anderen Altersgruppe und zu Gleichaltrigen ist sehr unterschiedlich ausgeprägt. Ebenso unterscheiden sich die Wege auf denen die Zielgruppen angesprochen werden können.

Zu diesen Erkenntnissen kam die Studie der ZHAW – Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften. Unter dem Titel «Neue Medien – neue Generationenbeziehungen?» analysierten Sarah Genner, Daniel Süss und Lilian Suter vom Departement Angewandte Psychologie das Projekt CompiSternli. Im Zentrum dieses Projektes steht die Vermittlung von Computerkenntnissen. Das Projekt hat allerdings die traditionelle Lehrsituation umgedreht: Kinder unterrichten hier die Älteren. Hier finden Sie ein Interview zur Studie.

Die Studie

300 Personen, die an CompiSternli beteiligt waren, wurden befragt. Das waren 130 Kinder im durchschnittlichen Alter von 10 Jahren, 130 Senior/innen im Durchschnittsalter von 70 Jahren sowie 25 Gruppenleiter/innen und 10 Eltern – ca. 40 Jahre alt. Eine repräsentative Auswahl an Beteiligten. Rekrutiert wurden die Kinder zu 90% über die Schule, 50% der älteren Personen lasen einen Zeitungsartikel.

Motive zur Teilnahme

Treibendes Motiv bei den Jungen wie den Alten war der Wunsch, „mehr über den Computer und das Internet zu lernen“. Dieser wurde auch von den Eltern geteilt. Bei den Gruppenleitenden war die Motivation „der Generationendialog und die Freude am Engagement im Dienst der Gesellschaft“. Ein hehres Ansinnen, das sich im Projektverlauf aber änderte.

Die Motive für eine Teilnahme waren im Einzelnen:

Bei den Älteren

  1. Computerkenntnisse verbessern (79%)
  2. den gesellschaftlichen Anschluss nicht verpassen (55%)
  3. der Generationendialog (46%)
  4. Kinder kennen lernen (12%)
  5. andere ältere Personen kennen lernen (7%)

Bei den Kindern

  1. mehr über Computer und Internet zu lernen (74%)
  2. älteren Personen etwas beizubringen (65%)
  3. an einem sinnvollen Projekt teilnehmen (40%)
  4. Freude auf die älteren Personen (37%)
  5. Freude auf die anderen Kinder (16%)

Bei den Gruppenleitenden

  1. Beitrag zum Generationendialog leisten (78%)
  2. Mitwirkung an einem gesellschaftlich sinnvollen Projekt (61%)
  3. Beitrag leisten zur Überbrückung der „digitalen Kluft“ (57%)
  4. bei einem Projekt mit Kindern mitwirken (30%)
  5. bei einem Projekt mit Senioren mitwirken (13%)

Wovon sich die Gruppenleitenden am meisten versprachen war dann auch der Generationendialog (61%). Die Freude am Engagement im Dienst der Gesellschaft stand in den Erwartungen erst an zweiter Stelle (52%). Von der Zusammenarbeit mit den Senioren glaubten die Leitenden viel zu profitieren (17%), vom Kontakt mit den Kindern erwartenden sie nichts – 0% – (sic!). Die Evaluation zeigt nach dem Projekt ein gänzlich anderes Bild:

Davon haben die Gruppenleitenden am meisten profitiert

  1. Freude am Engagement im Dienst der Gesellschaft (73%)
  2. intergenerationelle Didaktik (55%) – in den Erwartungen 39%
  3. Projektleitererfahrung (27%)
  4. Generationendialog (27%)
  5. Kontakt mit Senioren / Kindern – gleichrangig (9%)

Alle Zahlen sind in der Studie (siehe Link) ab Seite 51 enthalten.

Auch hier die Erkenntnis: Generatives Handeln allein ist für Projekt nicht tragfähig. Oder wie es die Studie formuliert: „Der Generationendialog als Projektidee an sich macht noch kein Generationenprojekt.“ Es braucht ein konkretes Thema, gesellschaftliche Relevanz und einen Zuwachs Kompetenz der von den Akteuren als solcher wahrgenommen wird. In der Wahrnehmung der Leitenden war die Begegnung mit Jung und Alt gleichermassen fruchtbar.

Die Studie reflektiert folgend auch den Blickwinkel der Kinder und den der Senioren. Nachzulesen in den empfehlenswerten Abschnitten 5.10 und 5.11!

Bedeutung der Resultate für andere intergenerationelle Projekte

Neben der eben genannten notwendigen Hauptmotivation trifft die Studie weitere praxisrelevante Aussagen.

Die Rahmenbedingungen für ein Projekt sind z.B. in ländlicheren Gebieten andere als in urbanen Quartieren. In der Altersgruppe zwischen 9 und 13 sind Mädchen leichter  für eine Teilnahme zu gewinnen als Buben. Die Bedeutung des informellen Lernens wurde unterstrichen – insbesondere bei der Stärkung eines bereits vorhandenen positiven Bildes der anderen Generation.

Erfreulich finde ich die Bestätigung, dass intergenerationelle Projekte immer genau dann besonders erfolgreich sind, wenn es zu einem Austausch kommt. Dieser beinhaltet einen Gewinn für alle Beteiligten. So sagen 69% der älteren Personen, dass sie „von beidem gleich viel (mehr Computerkenntnisse _und_ mehr Generationendialog)“ mitgenommen haben. Die geduldige, offene Art der Kinder half den Älteren, Hemmungen vor der unbekannten Technik abzubauen. Der Kontakt zu den Kindern war deutlich wichtiger und nach der Einschätzung der Leitenden auch förderlicher als der Kontakt zu gleichaltrigen Senioren.

Bei den Kinder steht neben den technischen Kenntnissen klar der Gewinn an Selbstbewusstsein im Zentrum. Gesundes Selbstvertrauen, „didaktisches Flair entwickeln“, geduldig mit den Älteren sein.

Diesen Zuwachs an Sozialkompetenz honorieren auch die Eltern der Kinder deutlich.

Abschliessend sei den CompiSternli eine Fortsetzung des im deutschsprachigen Raum einzigartigen Projektes gewünscht.

Projektdokumentation

Ein Interview mit der Medienpsychologin und Studienautorin Sarah Genner

Die vorliegende Studie wurde von verschiedenen Stiftungen unterstützt – u.a. auch von der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft. Als Plattform für eine Vernetzung mit anderen intergenerationellen in der Projekten empfiehlt die Studie intergeneration.ch

Die Studie «Neue Medien – neue Generationenbeziehungen?» mit 122 Seiten kann als PDF (5,3 MB) geladen werden.

Ein Blogbeitrag von Michael Hausammann

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