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Projektwerkstatt Generationenakademie: Füllfederhalter grüsst Handy

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Karin Hirter, Werklehrerin, Erwachsenenbildnerin und Teilnehmerin der laufenden Projektwerkstatt hat bereits viel Erfahrung mit Generationenprojekten. Schon 2006 hat sie in Dübendorf das Projekt „Füllfederhalter grüsst Handy“ durchgezogen.

Das Projekt wollte die Sicht von drei Generationen Dübendorfer/innen auf ihren Wohnort zusammen bringen. In Zusammenarbeit mit deren Klassenlehrerin fotografierte Karin Hirter mit Viertklässlern deren Lieblingsorte in Dübendorf und gestaltete mit ihnen persönliche Postkarten. Die Schüler/innen beschrieben ihre Karte und sandten sie an Bewohner des örtlichen Alterszentrums. Das war für einige Kinder recht anspruchsvoll, schrieben sie doch zum ersten Mal überhaupt eine Postkarte. Bisher hatten sie nur SMS versandt…

Daraufhin machten sich die Adressat/innen im Alterszentrum ans Werk. Unter Anleitung von Karin Hirter wählten die Senior/innen aus Kopien alter Dübendorfer Ansichtskarten Motive und erstellten collagen-artige, neue Postkarten. Damit dokumentierten sie eindrücklich persönliche Erinnerungen an vergangene Zeiten. Diese Karten schickten sie mit einem kurzen Text an die Schüler/innen. Auch das war nicht ganz einfach, trauten sich doch viele Ältere das Schreiben nicht mehr zu…

Die Aufmerksamkeit der Schüler/innen war geweckt. Plötzlich interessierten sie sich für die Älteren und entdeckten die Rückseiten der Karten als Frageorte – zweimal schrieb man hin und her. Die Kinder verarbeiteten ihre anfänglichen Fotos zu Collagen, die Bezug nahmen auf die Karten ihrer Karten-Partner/in. Die Senior/innen fotografierten für weitere Karten rund ums Alterszentrum.

An einem Elternabend bezog Karin Hirter die dritte Generation ein: Auch die Eltern gestalteten eine Karte ihrer Lieblingsorte resp. Schandflecken im Dorf.

Und dann kam die Vernissage, an welcher man sich traf, kennen lernte, plauderte und anschliessend zusammen mit Angehörigen und Freunden feierte. Zwei Tage lang war die Karten-Ausstellung öffentlich zugänglich und zog über 100 Besucher/innen an.

Das Projekt war nachhaltig: Manche Kontakte hielten über zwei Jahre (dann waren die meisten der Hochbetagten verstorben). Die Kinder besuchten „ihre“ Postkartenpartner/innen, backten in der Adventszeit mit ihnen Guetzli und färbten zu Ostern Eier.

Karin Hirters Fazit:

  • „Grosseltern-Enkel-Projekte“, d.h. Projekte zwischen hochbetagten Senior/innen und Mittelstufen-Schulkindern können verhältnismässig einfach aufgezogen werden.
  • Derartige Projekte profitieren vom „Jöh-Effekt“: Die Älteren nehmen die Kinder meist als herzig und „süss“ war und freuen sich über den Austausch; Kinder sind in diesem Alter meist offen, spontan und sehr begeisterungsfähig.
  • Am besten eignen sich für derartige Projekte spielerische, leichte, Aufgaben, die den Austausch fördern.
  • Das Projekt braucht einen gemeinsamen Ausgangspunkt: in diesem Fall war das der Lebensraum beider Generationen, Dübendorf.
  • „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“ – Arbeiten mit Bildern sind besonders geeignet, transportieren Bilder doch viele Emotionen und Unausgesprochenes.
  • Zentral für die Umsetzung ist der Aufbau von Vertrauen und/oder eine Vertrauensperson im Alterszentrum – die Betagten trauen sich nicht mehr viel zu und sie „müssen“ gar nichts mehr…
  • Auch derartige Projekte brauchen Ressourcen: Knowhow, Zeit und Durchhaltewillen der Initiant/innen, gute Beziehungen zu den beteiligten Institutionen und Geld.

Ein Blogbeitrag von Maja Graf, Generationenakademie

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