Senior Guides für den Generationendialog
Kultur & Künste , Generationen-Politik & -Dialog , Gemeinnütziges Engagement
13. November 2015
Förderung des Generationendialogs im Museum für Kommunikation: Zum ersten Mal in der Schweiz führen Senior Guides durch eine Ausstellung.

Gruppe beim Generationendialog mit einem Senior Guide; Museum für Kommunikation, Bern
Zum ersten Mal in der Schweiz führen Senior Guides durch eine Museumsausstellung. Das Museum für Kommunikation in Bern zeigt die Ausstellung ‘Dialog mit der Zeit. Wie lebe ich, wenn ich alt bin?’ und Menschen ab 70 übernehmen als Experten für das Altern die Führungen Das Museum für Kommunikation Bern fördert damit den Generationendialog. Die Ausstellung nimmt die unterschiedlichen Aspekte des Alterns kreativ und spielerisch auf und lädt ein zum Nachdenken, Mitmachen und Mitreden im Dialog mit den Senior Guides. Darüber wollte ich mehr wissen und stellte Nico Gurtner, Leiter Marketing & Kommunikation MFK einige Fragen:
Was ist die Aufgabe eines Senior Guides?
Die Senior Guides sind das Herzstück der Ausstellung. Als Experten zum Thema Altern – sie sind alle mindestens 70 Jahre alt und haben somit Erfahrung mit der Thematik – führen sie die Besucherinnen und Besucher durch die Ausstellung. Sie informieren und regen Diskussionen über Vorurteile, Ängste und Klischees an. Dadurch entsteht ein Dialog – Generationendialog –, der die Ausstellung zum persönlich gefärbten Gruppenerlebnis macht. Ein Museumsbesuch, wie man ihn bisher nicht kennt!
Wie wird man zu einem Senior Guides? Welche Voraussetzungen muss man mitbringen?
Die Senior Guides haben sich alle auf ein öffentliches Inserat beworben. Zum Teil haben sie erstmals nach 30 Jahren wieder eine Bewerbung geschrieben. Rund 90 Personen haben sich für diese Aufgabe beworben. Alle konnte das Museum für Kommunikation leider nicht anstellen; in einem Bewerbungsverfahren mit Assessment wurden deshalb 35 besonders geeignete Personen ausgewählt. Alle Bewerberinnen und Bewerber mussten mindestens 70 sein, zudem zählten bei der Auswahl Lebenserfahrung und die Fähigkeit, gut erzählen und zuhören zu können.
Wie müsste ein Ausstellungskonzept aussehen, damit sie mit „Generationen Guides“ (unterschiedlichen Alters) arbeiten würden?
Im Jahr 2050 werden ein Viertel aller Schweizer über 65 Jahre alt sein. Die Ausstellung fokussiert deshalb klar auf das hochaktuelle Thema des Alterns. Mit den Senior Guides wird das Alter in seiner ganzen Vielfalt erlebbar gemacht. Durch die Konzeption mit den Senior Guides – eine Neuheit für die Schweiz – entsteht ein Generationendialog (Dialog zwischen den Generationen). Es braucht folglich keine Guides aller Generationen, sondern eine Generation, die den Dialog startet.
Selbstverständlich wäre es aber auch möglich, eine Ausstellung zu entwickeln, bei der Guides aller Altersstufen den Rundgang begleiten. Dabei ginge allerdings der Fokus auf das Alter verloren. Eigentlich führen im Allgemeinen durch die meisten Ausstellungen Guides in unterschiedlichem Alter – vom Studenten bis zum pensionierten Museumsmitarbeiter. Das spezielle an Dialog mit der Zeit ist eben gerade, dass hier für einmal nur die älteren Semester gefragt sind.
Sie schreiben, dass sich die Ausstellung an Menschen jedes Alters richtet und fördern mit den Senior Guides den Generationendialog. Gibt es in der Ausstellung noch weitere Mittel, die Sie einsetzten, um dieses Ziel zu verfolgen?
Die Ausstellung wirft Fragen auf und macht Aspekte des Alterns durch den Generationendialog direkt physisch erlebbar. Mit Gewichten an den Beinen lässt sich etwa sehr gut nachvollziehen, wie es sich im Alter anfühlt, wenn das Treppensteigen nicht mehr so leicht fällt. In einem anderen Teil der Ausstellung werden auch die positiven Seiten des Alters aufgezeigt. Da lernt man beispielsweise die Geschichte einer Person kennen, die den Spielraum nach der Pensionierung genutzt hat, um etwas völlig Neues zu tun. Und plötzlich stellt der Besuchende fest: Das Alter ist nicht nur vielfältig, sondern auch gestaltbar.
Wie lautet Ihre Antwort auf die Frage: Wie werde ich leben, wenn ich alt bin?
Ich wünsche mir, dass ich im Alter die Offenheit für Neues bewahre. So wie die vielen Personen, die sich auf die Senior Guide Ausschreibung beworben haben, ohne sich von Bewerbungsschreiben und Assessments beeindrucken zu lassen.
Weitere Informationen zum Generationendialog finden Sie in unserem Blog.
Ein Blogbeitrag zum Generationendialog von Gaby Ruppanner, Museumslupe
Was halten Sie von der Idee der Senior Guides?
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Max Schüpbach
Der Artikel ist sehr gut und zutreffend.
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