Tagungsbericht «Zusammenleben – Wie können Gemeinden und Städte vom generationenverbindenden Engagement der Zivilgesellschaft profitieren?»
Generationen-Politik & -Dialog , Zusammenleben, Nachbarschaft & Quartiere
22. November 2016
Die Gesellschaft und die Politik nimmt noch wenig wahr, welchen Nutzen generationenverbindende Projekte und Aktivitäten für das gesellschaftliche Zusammenleben haben, ganz besonders angesichts des demographischen Wandels. Wie können Gemeinden und Städte vom generationenverbindenden Engagement der Zivilgesellschaft profitieren? Ein Rückblick auf die Tagung.
Foto: Kathrin Schulthess
Generationenprojekte leisten einen wertvollen Beitrag für ein gutes Zusammenleben in Städten und Gemeinden. Für die direkt im Projekt involvierten Akteure – sei es als Verantwortliche oder als Teilnehmende – steht dies aufgrund ihrer persönlichen Erfahrungen im Projekt meist ausser Frage. Die Gesellschaft und die Politik nimmt jedoch noch zu wenig wahr, welchen Nutzen generationenverbindende Projekte und Aktivitäten für das gesellschaftliche Zusammenleben haben, ganz besonders angesichts des demographischen Wandels.
Als Förderer von Generationenbeziehungen und Generationenprojekten organisierten deshalb die Schweizerische Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften (SAGW), Migros-Kulturprozent und die Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft (SGG) mit ihrem Programm Intergeneration die Tagung „Zusammenleben – Wie Städte und Gemeinden vom generationenverbindenden Engagement der Zivilgesellschaft profitieren können“ im September 2016 in Freiburg. Als weitere Partner konnten zudem der Schweizerische Städteverband, der Schweizerische Gemeindeverband und die Tripartite Agglomerationskonferenz gewonnen werden.
Wie der Tagungstitel schon artikuliert ging es darum, den rund 150 Tagungsteilnehmern die Leistungen lokaler Generationenprojekte darzustellen und einen Dialog über gegenseitige Erwartungen und Formen einer erfolgreichen Zusammenarbeit zwischen zivilgesellschaftlichen Generationenprojekten und der öffentlichen Hand zu entwickeln. Der Fokus lag dabei auf vier kommunalen Aktivitätsfeldern – Neue Wohnformen, Nachbarschaftshilfe, Soziale Integration und Partizipative Gemeinde- und Quartiersentwicklung – zu denen in einer Postersession 38 Projekte vorgestellt wurden. Sie vermittelten anschaulich die konkreten Leistungen und Erfahrungen, die in der Zusammenarbeit mit den Gemeinden gemacht wurden. Viel Raum stand den Teilnehmenden dabei zur Vernetzung und zum Erfahrungsaustausch zur Verfügung, was ausgiebig genutzt und sehr geschätzt wurde. Alle Poster der Tagung sind online frei verfügbar und können von Interessierten gleichfalls zur Information und Vernetzung genutzt werden.
In einer ersten Diskussionsrunde diskutierten Simon Stocker (Stadtrat Schaffhausen) und Roland Guntern (Pro Senectute Aargau) über die gegenseitigen Erwartungen kommunaler Exekutiven und Akteuren der Zivilgesellschaft. Es wurde dabei deutlich, dass klare und verlässliche Rahmenbedingungen sowie fördernde – das bedeutet das zivile Handeln begrüssende – staatliche Strukturen für eine Zusammenarbeit von Seiten der Zivilgesellschaft gewünscht werden. Auch in diversen Projektpräsentationen und Diskussionen in den Workshops wurde dieses Anliegen thematisiert, wie einzelne Berichte aus den Workshops zeigen.
Aus diesem Diskussionspunkt wäre evtl. die Idee zu entwickeln, die Zusammenarbeit zwischen staatlichen Verwaltungen und der Zivilgesellschaft gezielt zu fördern, wie das ja bereits im Bereich der Wirtschaftsförderung umgesetzt worden ist. Auch dort haben sich klare Ansprechpartner in der Verwaltung, kommunale Instrumente für Information, Angebote zum Austausch und Vernetzung der Akteure, sowie generell Offenheit gegenüber den Anliegen und der unterschiedlichen Kulturen für die Zusammenarbeit bewährt.
Gemäss Simon Stocker erleichtert aus Sicht staatlicher Stellen das professionelle und innovative Vorgehen der Zivilgesellschaft eine Zusammenarbeit mit der öffentlichen Hand. Dies beinhaltet beispielsweise, dass die zivilgesellschaftlichen Akteure die Rahmenbedingungen, Funktionsweisen und Restriktionen der kommunalen Verwaltungen kennen und in der Zusammenarbeit mit dem Staat berücksichtigen. In seiner Replik wünschte sich Roland Guntern als ein Vertreter der Zivilgesellschaft ein solches Vorgehen vice versa, von Seiten der öffentlichen Hand.
In der Podiumsdiskussion zum Abschluss der Tagung nahmen Renate Amstutz (Schweizerischer Städteverband) und Reto Lindegger (Schweizerischer Gemeindeverband) diesen Faden wieder auf und sprachen sich für grosse Offenheit und Verständnis für die jeweils andere Kultur und Logik des Kooperationspartners aus. Damit eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Hand und Zivilgesellschaft gelingt, plädierten sie zudem für einen Dialog auf Augenhöhe. Generationenverbindende Lösungen der Zivilgesellschaft können – angesichts des demografischen Wandels – neue Chancen für Städte und Gemeinden bieten, Herausforderungen stärker auch im Verbund mit den Akteuren der Zivilgesellschaft anzugehen. Welche günstigen Bedingungen dafür förderlich sind, wurde auf der Tagung – wie hier berichtet – artikuliert und diskutiert und diese Erkenntnisse können nun in die Gestaltung der Zusammenarbeit einfliessen.
Monika Blau, SGG, Programmleiterin Intergeneration
Wie kann die Zusammenarbeit Ihrer Meinung nach gut gelingen?
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